Hinter der Geschichte …

… steht immer der Erzähler

Im Vordergrund steht also die Geschichte. Und die Geschichte existiert schon lange vorher. Ich fange sie nur ein und bringe sie zu Papier. Glauben Sie’s mir! Die Figuren leben auch ohne mich. Sie leiden, sie lieben, sie lachen und sie weinen. In ihrer eigenen Welt. Ich bin nur ihr Sprachrohr. Ich bin nur der Erzähler! Hinter der Geschichte.

Wenn Sie dennoch partout etwas über mich erfahren wollen, dann finden Sie hier ein paar Dinge über mich, ein paar Fragen, auf die ich Antworten gebe, und ein paar Hintergründe zu meinem Werdegang. Aber ich sag’s noch einmal: Ich bin nur der Erzähler!

© Marion Wagensonner
© Marion Wagensonner

Wer ist das denn eigentlich?

Der Autor stellt sich vor

Ich wurde im Juni des Jahres 1971 in Freising geboren. Meine Mutter stammt aus dem Sudetenland, dem heutigen Tschechien, und ist nach der Vertreibung 1946 in München gelandet. Mein Vater stammte aus Karlsruhe, also Baden, und ist beruflich in den Sechzigern auch in München gelandet. Also haben wir schon mal ein böhmisch-badisch-bayerisches Gemisch beisammen. Aufgewachsen bin ich je neun Jahre in München und neun Jahre in London. Die prägenden Jahre waren die englischen, im Alter zwischen 5 und 14. Nun also böhmisch-badisch-bayerisch-britisch. Diese Wurzel-Melange meiner Kindheit und Jugend habe ich dann selbst erweitert um die Studienorte Bamberg und Marburg, wo ich Politikwissenschaften studiert habe, dann um Frankfurt und Neuendettelsau bei Ansbach, wo ich meine ersten sieben Berufsjahre verbracht habe. Seit 2004 lebe ich mit meiner Frau und unseren drei Kindern in Bamberg. Mit Hessen und Franken und durch Heirat auch Westfalen sind mir also weitere Regionen ans Herz gewachsen, deren Besonderheiten ich immer wieder aufsauge und verinnerliche. Natürlich sind es letztlich die Menschen, die uns prägen. Aber auch die Gesellschaften und die Landschaften, in denen wir leben, hinterlassen ihre Spuren, bleiben in Erinnerung. Und so ist einem die eigene Biographie ein Stück Heimat auf dem Weg durchs Leben.

Seit 27 Jahren arbeite ich in Marketing und Kommunikation, fünf davon bei der Diakonie, die anderen 22 im Tourismus. Ich hatte immer das Glück, dass ich mit viel Kreativität an meine Jobs herangehen konnte und viel Freiheit hatte, eigene Ideen umzusetzen und große wie kleine Projekte von Anfang bis Ende zu verantworten. So ist es nie langweilig geworden und ich arbeite nach wie vor gerne.

Dass ich in meinen Vierzigern noch die Schriftstellerei entdeckt habe, betrachte ich als Geschenk. Ich habe eine Leidenschaft hinzugewonnen, die mich innerlich bereichert und auch immer wieder befreit von den Fesseln des Alltags. Und ich kann sie in dem Maße umsetzen, wie es gerade lebenstechnisch geht, mal mehr, mal weniger. Manchmal ist es natürlich auch zum Narrisch werden, wenn einen der Alltag dermaßen auffrisst, dass man partout nicht zum Schreiben kommt, obwohl man den inneren Drang dazu verspürt. Aber so ist das Leben, es setzt immer wieder eigene Prioritäten.

Wie bin ich zum Schreiben gekommen?

Nein, ich bin keiner dieser Autoren, der schon als Kind Gedichte geschrieben und die Schülerzeitung mit geistreichen Artikeln angefüttert hat. Über legendäre Tagebucheinträge à la „Dann habe ich Hausaufgaben gemacht, dann habe ich ferngesehen. Danach habe ich mich gelangweilt. Nach dem Abendessen habe ich die Zähne geputzt, dann im Bett gelesen. Gleich mache ich das Licht aus“, bin ich nie hinausgekommen. Ja, später gab es schon den einen oder anderen Versuch während des Studiums, kurze Texte, Rechtfertigungen und Briefe – ja, Briefe hat man zu meiner Studienzeit noch geschrieben, immerhin hat die Stunde Ferngespräch 20 Mark gekostet!

Die Initialzündung zum Schreiben war allerdings eine Weihnachtsgeschichte, die ich als Adventskalender für meine damals noch Freundin genannte jetzige Ehefrau handschriftlich hingekritzelt und auf Kassette aufgenommen habe (schon wieder so eine Sache aus der Vergangenheit: Kassetten…)

Später hatte ich dann irgendwann Lust, die Geschichte ins Reine zu schreiben, und siehe da, ich habe 2011 einen Verlag dafür gefunden, der die Geschichte als illustrierten Adventskalender herausgebracht hat. 2018 ist die Geschichte „Igels schönstes Weihnachtsfest“ in einer aufwändigen Neuauflage im Kaufmann Verlag erschienen mit einem großen Fensterbild und sehr netten Illustrationen von Regine Altegoer. 2020 kam dann noch die gebundene Buchversion des Igels heraus, die mittlerweile schon die 4. Auflage erreicht hat.

Na ja, nach diesem Erfolg habe ich mich längere Zeit in eine Geschichte für Kinder verrannt, die aber nie recht gezündet hat. Und dann kam die Ausschreibung zu einem Kurzgeschichtenwettbewerb des ars vivendi Verlages, an dem ich mich mit „Der Wintergarten“ beteiligt habe. Und siehe da, ich habe den zweiten Platz gemacht. Ich merkte, Schreiben für Erwachsene macht auch Spaß. Entsprechend hoch war die Motivation, mich an einen Roman zu wagen. Strukturiert, diszipliniert und mit einer Geschichte, die mir schon lange im Kopf herumspukte. Herausgekommen ist „1919 – Es ist doch eine neue Zeit jetzt“. Auch dafür habe ich mit dem Gmeiner Verlag einen sympathischen Verlag gefunden, der mir als Debüt-Autor die Chance bietet, erste literarische Spuren zu legen.

Schreiben ist für mich zu allergrößten Teilen Abendbeschäftigung. Wenn die Familie, das Haus, der Garten, der Haushalt, der Beruf, wenn all das befriedet ist und so etwas wie Ruhe einkehrt, dann gehe ich ein Stockwerk tiefer und setze mich an den Schreibtisch, gerne mit einem Gläschen Rotwein und mache mich ans Werk. Es geht aber auch im Café, im Zug, im Hotel, auf Reisen, da bin ich recht unkompliziert. Nur in letzter Zeit will sich partout keine innere Freiheit einstellen, zu sehr dominiert der Job den Geist. Alle, die also auf eine Fortsetzung der Geschichte von Hans, Kaspar, Helene, Willy und Gustav warten, bitte ich noch um ein wenig Geduld. Aber sie kommt. Die Geschichte steht schon. Ach, wenn sie doch nur schon aufgeschrieben wäre …

Und wieso schreibe ich?

Na, die Geschichten müssen halt raus! Ich habe so viele Szenen, die ich vor mir sehe, so viele Ideen, so viele Geschichten, die ich noch gerne schreiben würde. All diesen Geschichten und Figuren, die irgendwie da sind und schon immer da waren, würde ich so gerne eine Stimme geben. Ich helfe den Geschichten doch nur an die Öffentlichkeit.

Ich bin nur der Erzähler.

Auf der Suche nach den Antworten

Ein bisschen Proust

Ich fand es ganz spannend, mich diesem berühmten Fragebogen zu widmen, der in den Salons des 19. Jahrhunderts zur Unterhaltung herumgereicht wurde und Proust zugeschrieben wird, weil von ihm zwei – bzw. mittlerweile sind es wohl drei – solcher Fragebogen erhalten sind. Die FAZ hat diese Tradition über Jahrzehnte in ihrem Magazin aufgegriffen. Ich habe mir die Freiheit genommen, einige Fragen wegzulassen, andere hinzuzufügen und einige abzuwandeln. Proust möge mir verzeihen.

Wo möchten Sie leben?

Wenn mich die Lage der Welt und die gefühlte Dominanz der hasserfüllten Kleingeister zu sehr deprimiert, dann in den tiefsten Wäldern Kanadas in einer Blockhütte, auf du und du mit den Schwarzbären und den Elchen.
An den anderen Tagen bin ich aber gerne genau da, wo ich bin. Ich brauche ein bisschen Kultur, viel Natur, historische Gebäude, eine ansprechende Joggingstrecke, ein Fluss ist immer gut, ein paar Berge und ein paar wesentliche Menschen um mich. Dann ist alles gut, und genau da möchte ich leben.

Was ist für Sie das vollkommene irdische Glück?

Die fröhliche und bedingungslose Umarmung eines glücklichen Kindes.

Ihre Lieblingstugend?

Von den klassischen? Demut und Wohlwollen!

Ihre Lieblingsbeschäftigung?

Ins Bett gehen! Dabei meine ich genau den Moment, an dem man nach einem langen, vollen Tag in die Federn sinkt und weiß: Jetzt ist Schluss! Herrlich!

Sonst: Im Wald spazieren gehen, in die Landschaft schauen, Lesen, Musik machen, Musik hören, Joggen, Schreiben, mit meiner Frau einen Kaffee trinken, mit meinen Kindern etwas unternehmen … Ach, zu diesem Punkt könnte ich Seiten füllen.

Wer oder was hätten Sie gern sein mögen?

Schreiner à la Meister Eder oder Außenminister à la Genscher

Ihr Hauptcharakterzug?

Nahezu unbegrenzte Kapazität an Empathie, Freundlichkeit und Friedfertigkeit – Nur wenige Individuen schaffen es, diese Charakterzüge auszuhebeln – dann aber g’scheid!

Ihr größter Fehler?

Der Hang zur Prokrastination und zur nur allzu willkommen geheißenen Übersprungshandlung.

Ihr Traum vom Glück?

Ich suche und finde das Glück immer irgendwie im Alltag, im Kleinen, wie im Großen und brauche keinen Traum vom Glück.

Was wäre für Sie das größte Unglück?

Meine Familie zu verlieren.

Was möchten Sie sein?

Ein Mensch mit Herz.

Ihre liebsten Romanhelden?

Augie March aus Saul Bellows “The Adventures of Augie March”: So locker und leicht wollte ich auch immer durchs Leben gehen.
Jonathan und Krümel Löwenherz aus Astrid Lindgrens “Die Brüder Löwenherz“: Mei, hab‘ ich die geliebt, beneidet und bewundert. Das einzige Buch, das ich bestimmt weit mehr als ein Dutzendmal gelesen habe.
Gesine und Heinrich Cresspahl aus Uwe Johnsons „Jahrestage“: Zwei Titanen meiner Lesebiographie, historisch, stark und auf immer eindrücklich.
Om und Ishvar aus Rohinton Mistrys „A fine balance“ – Diese beiden erleiden mehr Schicksalsschläge als ein Mensch aushalten kann. Wochenlang konnte ich kein anderes Buch lesen, weil ich es als Verrat an diesen beiden armen Seelen empfunden hätte.

Ihre Helden in der Geschichte?

Es gibt wenige Menschen, denen man, sobald man sich in ihre Biographie hineinvertieft, uneingeschränkte Bewunderung entgegenbringen kann.

Auch mit vielen Ecken und Kanten einer, aber dennoch ein großer Mensch, war für mich Nelson Mandela, ein Friedensstifter, der Hass und Unterdrückung überwand, obwohl er genügend Grund gehabt hätte zum Gegenschlag auszuholen.

Wichtig waren aber auch die Symbolgestalten der Hoffnung, die ihre Aufrichtigkeit und ihr Rückgrat mit dem Leben bezahlt haben: So zum Beispiel Dietrich Bonhoeffer oder Sophie Scholl. Sie waren so wichtig, um die Ehre der Menschheit zu retten. Aber auch kleine Lichtgestalten wie Rosa Parks verdienen diesen Titel, denn sie hat mit einer kleinen, aber mutigen Geste Großes ausgelöst. Und Franz von Assisi gehört für mich irgendwie auch dazu.

Ihre Helden der Wirklichkeit?

Menschen, die sich für Toleranz und Demokratie einsetzen. Menschen, die sich um pflegebedürftige Menschen kümmern, um kranke Menschen, um Menschen mit Behinderung. Menschen, die versuchen, unsere Umwelt zu retten.

Ihre Lieblingskünstler?

Ernst Barlach für seine Skulpturen, Max Beckmann für seine Gemälde, Ernst Ludwig Kirchner für seine Druckgrafik, Yves Klein für seine Idee mit dem Blau.

Ihre Lieblingsautoren?

Paul Auster, Hermann Hesse, Martin Suter, Uwe Johnson, Walter Kempowski …

Ihr Lieblingsmusiker?

Billy Joel, Herbert Grönemeyer, Konstantin Wecker, Loreena McKennitt, Amy MacDonald, Bach, Bartok.

Ihre Lieblingsfarbe?

Rot, ein schönes Bordeaux-Rot, satt, kräftig, dunkel.

Ihre Lieblingsblume?

Die Nachtkerze

Ihr Lieblingsvogel?

Der Graureiher

Ihre Lieblingsschauspieler?

Robert Redford, Dustin Hofmann, Suzanne von Borsody, Rowan Atkinson, Laurel & Hardy

Ihre Lieblingsfilme

Also, hängen bleibe ich immer dort, wo ich beim Zappen diesen speziellen Look der amerikanischen Filme aus den späten 60ern und frühen 70ern entdecke.  “Butch Cassidy and the Sundance Kid”, “Marathon Man”, “The Sting” (Der Clou) und Consorten.

Ihre Lieblingsnamen?

Petrosilius Zwackelmann, Richard Löwenherz.

Was verabscheuen sie am meisten?

In erster Linie engstirnigen und aggressiven Nationalismus und Rassismus, aber auch Arroganz und mit Selbstbewusstsein gepaarte Ignoranz

Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen?

Witze erzählen zu können. Ich kann mir Witze einfach nicht merken. Und ich kann sie nicht erzählen. Immer wieder verhaspele ich mich bei der Pointe. Hoffnungslos….

Wie möchten Sie gern sterben?

Ohne viel Aufhebens und ohne innere, noch offene To-Do-Liste

Ihre gegenwärtige Geistesverfassung?

Angespannt eingespannt mit gelegentlichen Ausflügen in geistige Freiheit

Ihr Motto?

Just do it!